2. Teil Baikal, Mongolei und so... Die erste Hälfte

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Rolandderältere
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2. Teil Baikal, Mongolei und so... Die erste Hälfte

Beitrag von Rolandderältere »

Russland

Hallo,

der Abschied von der Ukraine nach Russland war einfach nur nett. Am Grenzkontrollpunkt wurden wir geringstmöglich „belästigt“:
Wie bei der Einreise nahmen uns die Beamten am Auto die Papiere ab, bearbeiteten die im Büro und brachten sie mit einem „gute Reise“ zurück...

Grenzkontrolle

Jetzt sind wir auf unserer 3. Reise in Russland angekommen.
Frühere Bedenken ob einer kleinlichen, ja schikanösen, Grenzkontrolle gibt es schon lange nicht mehr bei uns.
Wenn der „Schengenraum“ gleichziehen würde, gäbe es hier weniger Bürokratie.
So gibt´s jedoch unter anderem (gegenseitig!) die Zolldeklaration. Ein Formular, auf dem man seine mitgeführten Devisen, falls über US $ 10.000,00, angeben soll, Autoreisende eben zusätzlich das Reisefahrzeug beschreiben müssen.

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Deklaration, deutsch.

Zum Fahrzeug muss natürlich auch ein Wert angegeben werden. „Flexibilität“ kann da zwiespältig sein:
Im Falle z. B. eines Diebstahls oder anderen Verlustes wird nach dieser Angabe die Zollgebühr für die, auch unfreiwillige, Einfuhr berechnet.
Im Falle eines nicht selbst verschuldeten Unfalls dann wohl die Regulierung durch die gegnerische Haftpflichtversicherung...

Das Ausfüllen dieser Deklaration kann man nur mit einer gehörigen Portion Glück beim ersten Mal schaffen:
Man muss z. B. die richtigen Linien für die entsprechenden Eintragungen finden. Diese sind für uns nicht immer logisch angeordnet
Man muss z. B. die aktuelle Ansicht des Beamten treffen, wenn man bei der Eintragung des Fahrzeugbaujahres „Erstzulassung wie sie im Zulassungsschein steht“ oder eben das „Baujahr“ einträgt. Die sind in der „Zulassungsbescheinigung Teil 1“ ja nicht unbedingt identisch.
Man darf dabei dann auf keinen Fall nervös werden und wohl möglich Schreibfehler ausbessern. Kann absolut nicht akzeptiert werden!
Nach dem 2. Formular bekam ich dazu dann doch noch ein deutschsprachiges, statt englischem Formblatt. Na geht doch? Jedenfalls sehr hilfreich.
Mein 3., fertige, wurde fast wie eine Heldentat akzeptiert.

Der Check des Autos war absolut oberflächlich. Noch nicht einmal nach den Medikamenten (Drogen!) wurde hier bei uns gefragt! Sonst an den Grenzen im Osten obligatorisch.
Gut, vielleicht war auch die Existenz des jetzt schon 3. Russlandvisums in unseren Reisepässen hilfreich? Umfangreichere Russlandvisa bekommt man offensichtlich einfacher, wenn man schon mehrfach in Russland reiste ohne Probleme zu machen...
Manchmal kommt uns der Verdacht, dass unsere mittlerweile einigermaßen grauen Haare und das in vielen Augen „Understatement Wohnmobil“ bei derartigen Begegnungen an Kontrollpunkten einen recht großen Bonus einbringen.

Straßen

Von dieser Grenze, zwischen dem ukrainischen Sumy und dem russischen Kursk an, begann gleich die lang anhaltende Überraschung: Die Straßenqualität. 2013 vom Baltikum zum Kaukasus und 2015 von Polen nach Murmansk waren fast nur die großen Hauptstraßen von guter Qualität, jetzt fanden wir die so auch auf vielen Nebenstraßen. Manchmal sogar richtig „luxuriöse“ Strecken:

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Nachts mit Hilfe von Sonnen- und Windkraft beleuchtete Bushaltestellen

Von der Grenze bei Sudscha bis zum ersten erklärten Ziel dieser Reise, dem Baikalsee, liegen jetzt 5780 Kilometer vor uns.
Woronesch, Samara, Ufa, Tscheljabinsk, Omsk, Nowosibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk und dann bis Ulan Ude heißen jetzt für viele Tage die Großstädte, die uns Abwechslung auf diesen Kilometern geben werden.
Da ich die Zeilen nach dieser Jahresreise daheim schreibe, kann ich schon behaupten, dass diese Kilometer durchgehend repräsentativ sind.
Für russische Fernreisestrecken.

Hinter der ukrainischen Grenze wird aktuell in Russland, der Mongolei und Kasachstan extrem viel Geld in Qualitätsstraßenbau investiert! In rasantem Tempo wächst das moderne Straßennetz.

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Absolut Porsche und Wohnmobil geeignet.

Es gab natürlich auch weniger intakte Strecken und Baustellen. Mit einer gewissen Umsicht waren die für alle Gefährte jedoch wirklich fahrbar.

Unser beliebtes, und in früheren Berichten hochgelobtes „Autowandern“ über verkehrsarme Nebenstraßen ist in diesem Teil „unseres“ Russland´s über weite Strecken nicht mehr möglich:
Die großen Hauptverkehrsstraßen haben selten kleinere Parallelstraßen. Abzweigende Straßen sind oft Sackgassen oder riesige Umwege. Man hat ja Platz. Interessehalber fahren wir doch einige dieser seltenen „Nebenstraßen“. Auf denen bekommen wir jedoch so manches Mal alles geboten, was unser Navi als „befahrbar“ ansieht.
In regenreichen Jahreszeiten können die total unpassierbar sein! Oft für alle Art Fahrzeuge!


Wohlstand

Wie daheim ist Wohlstand auch hier nicht gleichmäßig verteilt.
Wir finden Gegenden, die wirtschaftlich so manche bei uns zuhause „in den Schatten stellen können“, dann wieder andere „die einfach noch nicht angekommen sind“.
Im ländlichen sieht man von weitem Siedlungen mit knallbunten Trapezblechdächern, oder eben die mit den grauen Asbestwellplatten... Das ist aus der Ferne häufig schon ein Indikator für wohlhabend oder „abgehängt“.

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Die Antenne könnte einem Bilderrätsel entstammen.

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„Geldiger“.

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Kaufhaus.

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Feiermädchen?

In den großen Städten erlebten wir mondäne Einkaufs “Malls“ und schillernde „Kurfürstendämme“ oder „Kö´s“, woanders „Gründerzeitfassaden seit Jahrzehnten ohne Werterhalt“.

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Hohlhaus.

Draußen dann landwirtschaftliche Großbetriebe mit riesigen Maschinen, noch riesiger Wirtschaftsgebäude zwischen Feldgrößen die bei uns nirgendwo hin passen, neben sehr vielen verlassenen Kolchosen und großen Fabrikruinen, aber auch Wohnblocks, die mit toten Fensterlöchern besseren Zeiten hinterher blicken.


Landwirtschaft

Kurz nach unserem Start in Deutschland fuhren wir durch erblühende Rapsfelder. Obwohl wir uns fast genau immer auf dem 48. Breitengrad vorwärts bewegten, verstanden wir das Wachstum der Pflanzen nicht so richtig:
Die Rapsfelder wurden dort, Mitte Juni, erst langsam gelb. Der Flieder war noch in Blüte und nur sehr vereinzelt sahen wir Felder mit leichtem Kornbewuchs. Praktizierter Biometeorologie Unterricht?

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Dann haben wir in manchen Gegenden aber wieder fast vergessenes: Täglich eine frische, dann doch wieder von Insektenleichen annähernd undurchschaubare Windschutzscheibe.
Insektizidindikator?

Bei Licht im Mobil halten abends Moskitonetze an sämtlichen Öffnungen diese Flugobjekte wirksam ab. Die meiste Zeit auf der gesamten Reise „genossen“ wir insgesamt dermaßen mückenfrei, dass wir beide zusammen noch nicht einmal eine ganze Flasche Aut?oderwieauchimmer verbrauchten. In 5 6 Monaten, einschließlich Sibirien!

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flächendeckend.

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FLÄCHENDECKEND:

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Hinweis auf Kühe, Stiere, oder „Diverse“ Ochsen?


Toiletten-, Lokus und so...

Wir wollen gewiss nicht weniger perfekte Seiten unserer Gastgeberländer hervorheben. Als wirklich skurril empfanden wir jedoch ein Toilettenpapier der alten Sorten, die es wohl schon in Zeiten anderer Weltanschauungen hier gab: Eines, welches beim abreißen so gut wie immer (!) längs riss. Wirklich!

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Ohne Perforation.

Um beim Thema zu bleiben:
In unserem Reisemobil benutzen wir ja ein sogenanntes „Porta Potti“, ein (nach dem Geschäft) geschlossenes Camping WC. Wie zigtausend andere Wohnmobilisten auch.

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Entsorgung.

Dies wird natürlich jeden Tag entleert und mit dem Inhalt des Grauwassertanks gespült.
In wohnmobilreichen Ländern mit entsprechender Infrastruktur gibt es dafür immer mal wieder Entsorgungsstellen. In anderen benutzen wir möglichst öffentliche Toiletten.

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Dezentral glatt.

Aus hygienischen Gründen ist das nicht immer angebracht, da man in denen durch menschliche Exkremente steigen müsste um an das „Epizentrum“ zu gelangen. Da ist es oft egal ob es sich um eine eigens installierte Toilette oder den Eingang einer Waldschneise handelt: Dort wo solche Geschäfte ungesehen getätigt werden, ist es durchweg total verschissen!

Unsere Lösung: Wir fahren 100 Meter oder weiter in den Wald- oder Feldweg, wo sich Fahrer üblicher Kraftwagen meist nicht mehr hin trauen, um uns unserer Erzeugnisse zu entledigen. Das bedeutet, dass wir das da tun können, wo die sicher von keinem Menschen mehr entdeckt werden. Bei der üblichen Bevölkerungsdichte...
Öffentliche Toiletten, aber auch mögliche Abfahrten in blickgeschützte Schneisen liegen bei den riesigen Entfernungen der sibirischen Fernstraßen sehr, sehr weit auseinander. Dazwischen verhindern üblicherweise steile Dammböschungen jegliches „abdriften“ in die Botanik, dass die oben beschriebenen Zustände, zentralisiert, doch schon wieder unvermeidbar und verständlich sind.


LKW´s

Ritter der Landstraße?
Na ja, während der ganzen Reise waren sie permanent unsere Nachbarn auf den Straßen. Sonntagsfahrverbote oder ähnliches konnten wir nie beobachten. Leisteten wir uns ja auch nicht.
Wir hatten aber starkes Mitgefühl, wenn wir z. B. kilometerweit an ihren stehenden Schlangen vor Grenzkontrollpunkten vorbei fuhren.

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Kilometerlang.

Im Land spielen sie wirtschaftlich eine große Rolle, dessen sie sich offensichtlich auch bewusst sind.
Auf den überwiegend guten Fernstraßen fahren die allermeisten das maximale Tempo welches ihre Motoren und Ladung nur zulassen. Nicht nur bergab wurden wir oft überholt...
Was uns da dann überholte waren nicht nur die russischen LKW wie Kamaz, Gaz und Ural, sondern in großem Maße alles mögliche aus Westeuropa. Auch neueste Modelle. Sehr viele jedoch, die hier immer noch mit allen möglichen deutschen Aufschriften auf ihren Planen warben.
Mit ihren russischen Nummernschildern sind sie hier emsig dabei, ihre 2. (oder 3.?) 400000 Kilometer abzuleisten.

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?00.000 Km?

Stundenlang, ja tagelang gemeinsam mit großen Mengen an LKW´s auf den Fernstraßen fahrend, haben wir abends alle eins im Sinn: Wir wollen ruhig und sicher unsere Ruhepausen genießen.
Mit unserer heiligen Kuh finden wir dafür vielfach eine Stelle in der Botanik. Schon auf Grund ihrer geringen Ausmaße.
Nicht selten kommen die auch gerade recht:

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Ctоянка.

„Stojanka“, russische Parkplätze, quasi Autohöfe an den großen Fernstraßen, in erster Linie für LKW´s, bieten zu vorgerückter Stunde einen Übernachtungsplatz ohne große Sucherei.
Selbstverständlich mit Rangiermanövern und Nachts auch mal laufenden Kühlaggregaten der
LKW´s, in der Regel bewacht, mal mit weniger, mal mit allem Komfort wie Motel, Restaurant, Supermarkt und Sanitärkomplex:

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Toilette, Dusche, Waschküche, Massage, sind hier die Angebote.

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Sehr lang.

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Parkplatz.


Einkaufen.


Fanden wir anfänglich eines vielleicht als ein wenig gemein:
In Filialen der großen Ketten entdeckten wir 2 verschieden hohe Preise an den Preisauszeichnungen der Waren: Kleinere für Besitzer von „Kundenkarten“ und größere für uns, den anderen.

Jedoch schon 2013, während unserem „ersten Russland“ kontinuierlich bis jetzt, gab es beim bezahlen an der Kasse auf unser „njet“ bei der Frage nach dieser Karte immer den Ruf zu den Kunden hinter uns in der Warteschlange nach deren Karte, dann immer diese zum einscannen! Ob in Plastik oder per Smartphone. „Spasibo bol'shoye“ „Vielen Dank“, konnten wir auch schon recht schnell auf russisch.

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„Cегодня“, MHD Vorläufer: „Heute“.

Da auf den Verpackungen frischer Lebensmittel neben dem „MHD“ in der Regel hier auch das Herstellungsdatum steht, sehen wir an den Regalen so manches mal das aktuelle Datum. Sozusagen als „Gehhilfe für Zeitlose“.


Embargo?

Wie auch immer, wenn es auch in Russland russische Biere in Top Qualitäten und zu sehr attraktiven Preisen gibt:
Liebhaber deutscher Braukunst müssen nicht verzichten!

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2 verschiedene Spaten,
2 verschiedene Warsteiner,
1 Hacker Pschorr,
4 verschiedene Paulaner,
1 Dortmunder Aktien Brauerei und viele andere aus guten Brauereien anderer Länder sind nur auf diesem Foto hier im Angebot!
Politisch vorgegebener Boykott Russlands scheint sich wohl doch nicht auf unsere wichtigsten Grundnahrungsmittel beziehen...


Souvenir.

Mitten in Samara, der sechstgrößten Stadt Russlands entdeckten wir ein eigentlich (für uns) angemessenes, Andenken an diese Reise:

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Leider gab es zu viele Augen, die das einpacken dieser Sojus Weltraumrakete gesehen hätten...


Fahrkultur

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Beauty- nicht nur die Bar an dieser Ecke.

Ab Irkutsk, als die „schönste Stadt Sibiriens“ in der russisch burjatischen Republik tituliert, änderte sich die Fahrkultur wesentlich:
Ein Stress wurde schon mal geringer. Es war nicht nur noch absolutes „Vollgasfahren“ angesagt. Auch das überholen geschah geordneter.

Das Auge bekam wieder Abwechslung. Man konnte über Hügel schauen. Die ersten Jurten waren zu sehen und oft recht große Pferdeherden, absolut ohne Aufsicht und Zäune.

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Freier Blick.


In der 2. Hälfte geht es dann weiter mit

Baikal und Olchon
der mit dem fussbodenbeheizten, hochschläferbestückten, 15" Syncro,
seiner heiligen Kuh,
und 74 seit 1971 mit VW Bulli bereisten Ländern.
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Atlantik90
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Anzahl der Busse: 2
Wohnort: BA

Re: 2. Teil Baikal, Mongolei und so... Die erste Hälfte

Beitrag von Atlantik90 »

Gut geschrieben und bebildert, danke :bet
Unfall- und störungsfreie Fahrt mit dem VW-Bus
wünscht Joachim
Von mir als Beispiel für Verfügbarkeit gesetzte Lieferanten-links sind keine Empfehlung.
Irren ist menschlich; keine PN, fragt im Forum
Wer die VW-Reparaturleitfäden hat, hat weniger Fragen.
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